Wohnensemble b76
Dresden
Mehr mit weniger ist nicht nur der grundlegende Anspruch an das Wohnensemble b76 – mehr technische Effizienz mit weniger Ressourcenbedarf –, sondern auch ein Plädoyer der Akteure für mehr Bau- und Ingenieurkunst, Phantasie, Schönheit, Wagemut und Entschlossenheit mit weniger Voreingenommenheit, Trägheit, hemmenden Denkmodellen, überholten Prozessen und der Flut von Mikroregulierungen.
Das Grundstück der ehemaligen Nordmann Villa, von der nur das Kutscherhaus erhalten blieb, liegt in einer offenen und villenartigen Bebauung. Ein neues biophiles Wohngebäude mit 6 großzügigen und inklusionsgerechten Wohneinheiten soll die räumliche Lücke schließen. Die Gebäudeplanung steht ganz im Zeichen des Klimawandels zum Erhalt unserer Lebensgrundlage. Mit dem Wohnensemble b76 soll ein nachahmenswertes Gebäude verwirklicht werden, das mit neuen Denkmodellen, Prozessen und Innovationen auf der Basis vorhandener Technologien aufzeigt, dass eine deutliche ressourcen- und energiereduzierte sowie emissionssenkende Bauweise direkt umgesetzt werden kann.
Der Entwurf fügt sich harmonisch in die Umgebung ein. Die Diversität und die Individualität der benachbarten Bebauung findet sich auch im Wohnensemble b76 wieder, einem Unikat, das seinen eigenen Charakter und schlichte Eleganz ausstrahlt. Die teleskopartige Gebäudegestaltung kennzeichnet jedes Geschoss und greift ein historisches Gestaltungsprinzip auf, um einen wirkungsvollen Wetterschutz zu leisten, denn damit trocknen die Fassadenoberflächen schneller ab. Die Lastverschiebung der darüberstehenden Außenwand bewirkt eine Entlastung der Geschossdecke, die damit ressourcenreduzierend, also schlanker, ausgeführt werden kann.
Das Wohnensemble b76 bilden zwei Gebäude, das dem Kutscherhaus gegenüberliegende Haus mit einer Wohneinheit und das größere Haus mit fünf Wohneinheiten, welches den Außenraum Richtung Süden schließt. Beide Häuser ruhen auf dem Sockelgeschoss, welches den natürlichen Höhenversprung im Grundstück fortführt. Im Sockelgeschoss befinden sich die Hauszugänge, die Garage, eine Paket-In-Annahme, der Hauswirtschaftsraum, die Gebäudetechnik und Abstellräume sowie ein Raum für das Parken von Rollstühlen.
Die Wohneinheiten zeichnen sich durch eine vierseitige Belichtung, eine freie und flexible Grundrissgestaltung sowie raumbildende Möbeleinbauten aus. Jede Wohneinheit ist barrierefrei und rollstuhlgerecht geplant. Großzügige Balkone oder Terrassen größer 10qm gehören zu jeder Wohneinheit. An Stelle der klassisch konvektiven Heizung ist ein flächiges, wassergeführtes Strahlungssystem integriert, welches die Räume an 365 Tagen temperiert. In der Winterzeit warm und in den Sommermonaten kühl. Dabei bleibt die Raumluft gegenüber den Oberflächentemperaturen niedriger. Die Raumluft wird als frischer und energiereicher wahrgenommen. Die klassischen Luftumwälzungen einer konvektiven Erwärmung entfallen. Die Versorgung mit Frischluft erfolgt CO2-gesteuert oder durch manuellen Eingriff. Anstelle des in der Visualisierung gezeigten außenliegenden Sonnenschutzes erhält das Gebäude eine elektrochrome Verglasung, die über Lichtsensoren die Gläser automatisch abdunkelt, wobei die Transparenz erhalten bleibt. Jede Wohneinheit ist mit einer digitalen Steuerungseinheit für die Temperierung, die Beleuchtung, die Verschattung sowie das Erkennen des Energiebedarfs ausgestattet.
Die Konstruktion des Wohnensemble b76 besteht aus Beton und umfasst die größte Ressourcenmenge der geplanten Materialien. Anstelle der im allgemeinen üblichen Wandstärken von 20cm beträgt die Außenwandkonstruktion nur noch 12cm. In die Geschossdecken werden hohle Kunststoffkörper integriert, die das Deckengewicht verringern und große Spannweiten ermöglichen sowie den Ressourcenbedarf an Beton senken. Insgesamt beträgt der Ressourcenbedarf des Wohnensemble b76 gegenüber einer konventionellen Bauweise etwa 50%. Der Innenausbau ist für einen zerstörungsfreien und sortenreinen Rückbau konzipiert und bewahrt damit die Wertbeständigkeit der Ressourcen und ermöglicht, die Ressourcen wieder in den Stoffkreislauf zurückzuführen.
Die Energieversorgung des Wohnensemble 76 erfolgt über eine Photovoltaikanlage auf den beiden Häusern. Mit dem solaren Energieeintrag werden die Wärmepumpen, der Energiebedarf des Gebäudes und bei Überschuss die eMobilität versorgt bzw. der Überschuss in Batterien gespeichert. Die Wärmepumpen sind als TWIN konzipiert und versorgen das Gebäude mit dem notwendigen Wärme- oder Kühlbedarf sowie der Aufbereitung für Warmwasser. Die Gebäudeautomation steuert den Energiebedarf der Abnehmer.
Die Außenanlage gliedert die Flächen in die Zuwegung des Wohnensemble b76, die barrierefrei geplant ist und die Gartenflächen im höhergelegenen Grundstücksteil in Richtung Elbe. Die Freiflächen über dem fassendenbegrüntem Sockelgeschoss sind vollständig begrünt und mit Stauden sowie schirmartigen Gehölzen gestaltet. Beide Häuser erhalten eine Dachbegrünung und zum Attikageschoss gehört ein begrünter Dachgarten. Das Oberflächenwasser wird in zwei Zisternen bzw. Rigolen geleitet. Die Zisternen dienen bei Starkregen auch als Zwischenpuffer. Das aufgefangene Regenwasser wird in Tröpfchenleitungen zur Gartenbewässerung geleitet und versorgt die Pflanzen auch in Hitzeperioden. Bei Starkregen werden die schwellenlosen Gebäudezugänge mit davorliegenden Entwässerungsschächten vor Überflutung geschützt. Die Metallstelen zur Straße in Verbindung mit einer Sandsteinmauer schließen die Liegenschaft zum öffentlichen Raum ab.
Auftrag
Katrin Gräf
Realisierung
2025-2026
Nutzung
Wohnen
Leistungen
Innovative, holistische, klimagerechte Gesamtplanung, Einrichtungsplanung, Auditierung nach dem DGNB-System
Biophile Architektur
Wohnensemble b76, Dresden